3.8. KWKG-Förderung ist anlagenbezogen
Anhand von § 35 Abs. 3 KWKG soll der Frage nachgegangen werden, ob die KWKG-Förderung anlagen- oder betreiberbezogen ist.
Gemäß § 35 Abs. 3 KWKG können Betreiber von KWK-Anlagen auch Ansprüche nach den §§ 4, 5 und 7 KWKG 2002 i.d.F. vom 31.08.2015 sowie die diesbezüglichen Begriffsbestimmungen geltend machen (damit ist regelmäßig eine höhere Förderung verbunden), wenn die Aufnahme des Dauerbetriebs bis zum 31.12.2016 erfolgt ist und für das Vorhaben bis zum 31.12.2015 eine Genehmigung nach dem BImSchG vorgelegen hat oder bis zum 31.12.2015 eine verbindliche Bestellung der KWK-Anlage erfolgt ist.
Kann sich aber der Betreiber einer KWK-Anlage auf diese Regelung berufen, wenn er zwar die Anlage in Dauerbetrieb nimmt, die BImSchG-Genehmigung aber an einen Dritten adressiert ist oder die Anlagenbestellung durch einen Dritten erfolgt ist?
Ist die KWKG-Förderung anlagenbezogen, so kommt es nicht darauf an, dass alle Tatbestandsvoraussetzungen von ein und derselben natürlichen oder juristischen Person erfüllt werden. Bei einer betreiberbezogenen Sichtweise könnte sich der Betreiber der Anlage im obigen Beispiel nicht auf die Regelung des § 35 Abs. 3 KWKG berufen, da dort alle Voraussetzungen von ein und derselben Person erfüllt werden müssen.
Die KWKG-Förderung ist anlagenbezogen.
Der Wortlaut des § 35 Abs. 3 KWKG spricht für eine anlagenbezogene Förderung. Er knüpft die Förderung an das Vorliegen einer „KWK-Anlage“ an und spricht vom „Vorhaben“ nach dem BImSchG. Auch die Bestellung bezieht sich auf eine „KWK-Anlage“. § 5 KWKG 2002 i.d.F. vom 31.08.2015 spricht ferner – ebenso wie §§ 6 – 13 KWKG – von „zuschlagsberechtigten KWK-Anlagen“ und es erfolgt eine Zulassung von KWK-Anlagen nach § 6 KWKG 2002 i.d.F. vom 31.08.2015 oder § 10 KWKG.
Die Gesetzesbegründung zum KWKG 2016 (BT-Drucks. 18/6419, S. 52) führt aus: „[§ 35] Abs. 3 KWKG [2016] enthält die Möglichkeit, die Fördersätze des geltenden KWKG auch bei Inbetriebnahme der Anlage in 2016 in Anspruch nehmen zu können, wenn für die Anlage im Jahr 2015 eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung oder verbindliche Bestellung vorlag und die Anlage bis zum 30.06.2016 (in dieser Fassung noch 30.06. wurde später auf 31.12. geändert [Anmerkung des Verfassers]) in Dauerbetrieb genommen wurde. Hierdurch wird dem Vertrauensschutz von fortgeschrittenen Vorhaben im Hinblick auf die nun gekürzte Förderung der Eigenstromversorgung Rechnung getragen.“
Der Gesetzgeber stellt demnach eher auf den Fortschritt des Vorhabens als auf die Person des Betreibers ab. Auch dies spricht für eine anlagenbezogene Förderung.
Ferner spricht auch der Gesetzeszweck des KWKG für eine anlagenbezogene Förderung. § 7 Abs. 2 KWKG 2012 begrenzt die Förderung auf 30 000 Vollbenutzungsstunden. Es besteht somit keine Gefahr, dass Ansprüche nach dem KWKG durch Betreiberwechsel oder Weiterverkauf der Anlage erneut entstehen. Somit kann es für die Zwecke des Gesetzes keinen Unterschied machen, ob der Betreiber selbst die Anlage bestellt hat oder die BImSchG-Genehmigung erhalten hat.
Weiterhin sind die in § 35 Abs. 3 KWKG enthaltenen Regelungen nicht als Bestandsschutzregelungen, sondern als Übergangsregelungen einzustufen, denn Bestandsschutzregelungen sind in § 13 KWKG enthalten. Die Übergangsbestimmungen müssen aber im Gegensatz zu den Bestandsschutzregelungen nicht zwingend eng ausgelegt werden.
Auch ein systematischer Vergleich mit den Bestandsschutzregelungen der Eigenversorgung in § 61 EEG 2014 spricht für eine anlagenbezogene KWK-Förderung. Da die Privilegierung im Unterschied zum KWKG – gebunden an eine bestimmte Anlage mit einer Anzahl an Vollbenutzungsstunden – der Höhe nach nicht begrenzt ist, verlangt dort z.B. die BNetzA in der finalen Fassung ihres Leitfadens zur Eigenversorgung vom 11.07.2016 (im Weiteren LF BNetzA) das Zusammenfallen aller Tatbestandsvoraussetzungen in einer Rechtsperson (Personenidentität).
Des Weiteren führt Salje, in: ders., KWKG 2002, Kommentar, 2. Aufl., 2004, § 6 Rn. 9, zur Zulassung einer KWK-Anlage aus:
„Die Angaben zum Anlagenbetreiber als formelle Zulassungsvoraussetzung haben daher für das BAFA nachvollziehbar darüber Auskunft zu geben, wer – unabhängig von der Eigentümerstellung – der aus der Einspeisung wirtschaftlich begünstigte Antragsteller und Ansprechpartner der Behörde ist. Deshalb sind die hinsichtlich der Anlage existierenden zivilrechtlichen Rechtsverhältnisse offen zu legen (z.B. Nachweis des Grundeigentums, bestehende Miet-, Pacht- oder Betriebsführungsverhältnisse, Angaben zur Person desjenigen, der Anspruch auf den Zuschlag erhebt). Die sich aus der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsurkunde ergebende Person muss nicht notwendig identisch sein mit dem durch die Zulassung zu begünstigenden Anlagenbetreiber (Büdenbender/Rosin/Burmeister, KWK-AusbauG, Kommentar, 2003, § 3 Rn. 217 und 188).“
Rosin/Burmeister, in: Büdenbender/Rosin, KWK-AusbauG, Kommentar, 2003, § 3 Rn. 217, stellen dazu fest:
„Ist es seit Inbetriebnahme zu einem oder mehreren Betreiberwechseln gekommen, so muss nicht mehr notwendig der in der [BImSchG-]Genehmigung bezeichnete Adressat zugleich auch der Anlagenbetreiber i.S.d. KWK-AusbauG sein.“
Diese zwei Kommentarstellen zeigen ebenfalls deutlich in Richtung einer anlagenbezogenen Betrachtungsweise. Entsprechend sollte sich daher auch die Tatsache, dass der Anlagenbesteller nicht zugleich Anlagenbetreiber ist, nicht nachteilig auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 35 Abs. 3 KWKG 2016 auswirken.